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Süßholz - Sanftes Tonikum für Herbst und Winter

Süßholz - Sanftes Tonikum für Herbst und Winter

01.10.2021 | von Shubhangee Satam - Yashtimadhu, zu Deutsch: Süßholz, gehört im Ayurveda zu den am meisten verwendeten Inhaltsstoffen und wird in fast allen klassischen ayurvedischen Schriften erwähnt. Im Sanskritbegriff Yashtimadhu versteckt sich die deutsche Übersetzung: „yashti“ bedeutet Holz, Stamm, Stängel und „madhu“ süß. Aus der Wurzel des Süßholzes wird die beliebte Süßigkeit Lakritze gewonnen, was sich in der englischen Bezeichnung „liquorice“ widerspiegelt. Süßholz ist Bestandteil vieler ayurvedischer Tees und sorgt für eine sanfte, süßliche Note. Die in bevorzugt subtropischem Klima angebaute Pflanze stammt aus Zentralasien sowie aus Süd- und Zentralrussland und wird auch im Mittelmeerraum angebaut. Yashtimadhu wird neben seinen vielfältigen therapeutischen Wirkungen auch für seinen süßen Geschmack geschätzt sowie für die Eigenschaft, dass es den strengen oder unangenehmen Geschmack anderer Bestandteile in Kräutermischungen überdeckt.

Titelbild: Bildquelle:  © iStock by Getty Images / Quanthem

 

AYURVEDISCHE EIGENSCHAFTEN VON SÜSSHOLZ:

Süßholz ist eine krautige Pflanze, wächst mehrjährig, wird bis zu 150 Zentimeter groß und bevorzugt volle Sonne. Der verwendete Pflanzenteil ist die Wurzel und wird überwiegend im Herbst geerntet.

 

AYURVEDISCHE EIGENSCHAFTEN

Dosha: beruhigt Vata und Pitta
Rasa (Geschmack): süß
Guna (Eigenschaften): feucht, ölig, schwer
Virya (Wirkkraft/Potenz): kühlend
Vipaka (Verdauungsprodukt): süß

 

CHEMISCHE BESTANDTEILE:

In Yashtimadhu konnte man über 20 Triterpenoide und fast 300 Flavonoide nachweisen. Zu den Hauptbestand-teilengehören Glycyrrhizin (genauer bekannt als Glycyrrhizinsäure – diese ist mindestens dreißigmal süßer als Rohrzucker), 18-ß-Glycyrrhetinicsäure und Glabridin.

 

TRADITIONELLE ANWENDUNG:

Wegen seines großen Wirkspektrums gehört Yashtimadhu zu den bedeutendsten Kräutergruppen für spezielle Anwendungen, die in der Charaka Samhita, einem der wichtigsten klassischen Ayurveda-Texte, erwähnt werden. Das zeigt die große Bedeutung dieser Pflanze. Im Ayurveda wird sie traditionell wegen folgender Wirkungen angewendet:

 

Atemwege

Yashtimadhu hat eine wohltuende Wirkung auf Hals und Rachen und verbessert die Stimme. Als Tee zubereitet lindert es Heiserkeit, Halsentzündungen und Husten. Es wird Sängern, Lehrern und Menschen, die viel sprechen müssen, empfohlen. Es wirkt sanft entspannend und unterstützt das Lösen und Auswerfen von Schleim, was den Luftfluss und die Atmung erleichtert. Da es die Klebrigkeit des Schleims reduziert und Pitta besänftigt, wird es auch bei Entzündungen des Atemapparats, u. a. Asthma, Bronchitis, Rachenkatarrh oder Erkältung, eingesetzt.

 

Bildquelle:  © iStock by Getty Images / mirzamlk

 

Verdauung

Da Yashtimadhu Pitta beruhigt, unterstützt es das Verdauungssystem, reduziert übermäßige Magensäure und lindert Verdauungsstörungen wie Verstopfung, Gastritis und Sodbrennen. Das in Yashtimadhu enthaltene Liquiritin hat eine krampflösende Wirkung. Süßholz hat zusätzlich auch leberschützende Eigenschaften.

 

Fortpflanzungssystem

Dank seiner tonisierenden Wirkung auf das Fortpflanzungsgewebe unterstützt Yashtimadhu das Reproduktionssystem beider Geschlechter. Laut Ayurveda verbessert es bei Männern die Quantität und Qualität der Spermien, bei Frauen fördert es als mildes Phytoöstrogen die Regelmäßigkeit des Menstruationszyklus. Es lindert auch prämenstruelle Symptome wie Brustspannen, Stimmungsschwankungen, Übelkeit, Blähungen und Krämpfe. Dank seiner besänftigenden Wirkung auf Vata und Pitta eignet es sich für Frauen in der Menopause, die unter unangenehmen hormonellen Symptomen wie Hitzewallungen, Nachtschweiß und Stimmungsschwankungen leiden.

 

Nervensystem

Süßholz wird im Ayurveda als Medhya Rasayana (Gehirntonikum) geschätzt. Es fördert den Fluss des Blutes ins zentrale Nervensystem, unterstützt das Gehirn und verbessert die Erinnerungs- und Lernfähigkeit. Da Yashtimadhu Vata besänftigt, lindert es Stress und beruhigt und entspannt einen aufgewühlten Geist.

 

Haut

Yashtimadhu verbessert den Teint, lindert Akne, mildert Narben und Pigmentierung und wirkt sich förderlich auf die Elastizität der Haut aus. Bei unangenehmen Hautstörungen erleichtert es die Wundheilung und vermindert Juckreiz. Da es Pitta reduziert, lindert es Hautprobleme wie trockene Ekzeme, Rötungen sowie juckende und trockene Haut. Es wird in Indien häufig äußerlich angewendet, z. B. in Gesichtsmasken, Sonnencremes auf Kräuterbasis und in Bauch-packungen zur Linderung von Schwangerschaftsstreifen.

 

Weitere Anwendungsgebiete

Yashtimadhu werden traditionell das Haarwachstum fördernde und Haarausfall vermindernde Eigenschaften nachgesagt. Es wird daher in vielen Haarpflegemitteln verwendet. Es wird auch als wohltuend für die Augen angesehen. Allgemein gilt Yashtimadhu im Ayurveda als Rasayana (Verjüngungstonikum) und wirkt positiv auf die Körpergewebe. Es unterstützt den Transport der Nährstoffe durch die Körperkanäle und soll Kraft und Langlebigkeit fördern.

 

VERWENDUNG IM PANCHAKARMA

Yashtimadhu spielt eine wichtige Rolle in den ayurvedischen Reinigungsverfahren und auch beim Panchakarma. Es kommt bei Störungen mit dominierendem Kapha häufig zur Anwendung und erleichtert u. a. die Befreiung des Magens von übermäßigem Schleim. Interessanterweise hilft Yashtimadhu bei anderer Dosierung auch bei der Eindämmung von Übelkeit und Erbrechen. Es kommt bei den vorbereitenden Verfahren des Panchakarma (innere Ölung) zum Einsatz und wird als unterstützendes Mittel bei ayurvedischen Einläufen eingesetzt.

 

AKTUELLE STUDIENLAGE

In Untersuchungen zeigten sich verschiedene pharmakologische Wirkungen von Yashtimadhu. Die Bestandteile von Süßholz sind förderlich bei der Bekämpfung diverser Virusgruppen. Außerdem fielen entzündungshemmende Wirkungen auf. Komponenten von Yashtimadhu zeigten auch antioxidante und immunmodulatorische Wirkungen.

 

VORSICHT!

Die tägliche Einnahme des Hauptbestandteils Glycyrrhizin in höherer Dosis über einen längeren Zeitraum senkt den Kaliumspiegel und erhöht den Natriumspiegel im Blut, was zu Wassereinlagerungen, Bluthochdruck und Herzstörungen führt. Die Einnahme des groben Krautpulvers in einer Dosis von zwei bis drei Gramm täglich, wie sie im Ayurveda verschrieben wird, ist allerdings unbedenklich. Süßholz sollte nicht länger als vier bis sechs Wochen eingenommen werden.

 

DARREICHUNGSFORMEN VON YASHTIMADHU

Im Ayurveda gehört Süßholz wegen seiner vielfältigen Wirkungen zu den wichtigsten Heilpflanzen und wird traditionell in verschiedensten Formen eingenommen: als Kräuterpulver (Churna), Tee, Dekokt (Abkochung) und Stängel, die gekaut werden. Es ist auch oft in Bonbons, medizinierten Ghees, Ölen, Hustensirup, Halstabletten und -pastillen enthalten.

 

WERTVOLLER BEGLEITER IM HERBST

Gerade im Herbst ist Yashtimadhu ein wertvoller Begleiter. Jahreszeitlich dominiert das Vata-Dosha, da Trockenheit, Rauheit, Wind und Kälte vorherrschen. Die kalten Herbst- und Wintertemperaturen können Erkältungen und Viruserkrankungen begünstigen. Auch im Herbst können Allergien die Nasengänge und Lungen angreifen, sodass wir anfälliger für Atemwegsprobleme werden. In dieser Zeit kann das Trinken von Süßholztee hilfreich sein: Aggraviertes Vata wird ausgeglichen, das an entzündlichen Prozessen beteiligte Pitta reduziert und gleichzeitig der Auswurf von
Schleim erleichtert.

 

Dr. Shubhangee Satam M.D. (Ayurveda) ist Ayurveda-Ärztin und ausgewiesene Expertin im Gebiet des Dravyaguna und verfügt über langjährige Erfahrungen sowohl im Bereich der klinischen Praxis als auch in der ayurvedischen Pharmazie. Sie ist als Beraterin für führende, international tätige Ayurveda-Pharma-Unternehmen und als Seminarleiterin in Europa und den USA tätig.

 

Der Artikel ist erschienen im Ayurveda Journal Nummer 67:

Hier können Sie diese Ausgabe bestellen:

https://shop.ayurveda-journal.de/ayurveda-journal-heft-67-die-panchakarma-kur-neustart-fuer-koerper-und-geist.html


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